Cocktails, gebrannte Wasser, Zigarrendunst -- die Gespräche an Orlandos Bar drehen sich um Medienkritik, Kultur, Philosophie, um Gesellschaftspolitik, Religion, Familie und Erziehung, um Mann und Frau -- und ums Kochen. Gejammer, Gelächter, Angeberei sowie gepflegte Beschimpfungen sind an der Tagesordnung.



Mittwoch, 30. März 2011

Die "WischiWaschi-MultiKulti-NuschelKuschel-urbanophilkulturelle-gutmenschliche Sozialromantikerpartei"

Heute - rechtzeitig vor den Kantonalzürcherischen Regierungsratswahlen - verkommt die Bar zur Politbühne. Ja, sogar zum Sozitreff! Orlando, von Haus aus nicht gerade ein Freund der Gesellschaftsverbesserer und staatsgläubigen Umverteilerpartei, kocht für einmal Grüntee und überlässt das Wort einem waschechten Sozi, der sich kritisch, besorgt, enttäuscht an seine Partei wendet und den Kurs beklagt, den sie in den letzten jahren so eingeschlagen hat. Beim Autoren handelt es sich übrigens um den wohlbekannten lic. theol. Fufi das Foton. Ich danke für den Text und - let the games begin!


Liebe SP

Du weisst, als Uralt-Sozi mit gewerkschaftlichen Wurzeln bin ich bisher dein treuer Freund und Wähler gewesen. Und jetzt wirbst du wieder um mich und meine Stimme. Aber was muss ich denn in deiner Selbstdarstellung lesen (SP Zürich, Bezirk Pfäffikon), was du denn willst?


1. Steckdosen ohne AKW-Anschluss

2. Einen S-Bahn-Sitzplatz in der Stosszeit

3. Mieten müssen bezahlbar bleiben

4. Steuergerechtigkeit muss wieder hergestellt werden

5. Menschen brauchen Zukunft


Und das i-Tüpfelchen, das dem Fass den Nagel ins Auge und mir die Krone ins Gesicht schlägt:

Wir sind für coole Agglos und bunte Landeier!

Liebe SP, so willst du dich also neuerdings positionieren (prostituieren? von wegen den Wähleranteilen?) Hast du vergessen, wo deine Wurzeln sind, wo du herkommst? Gerade du, wo du dich doch ursprünglich für die Rechte und Anliegen der Arbeitnehmenden eingesetzt hat – und dies mit Erfolg, übrigens! Ich meine, ich kenne dich gar nicht mehr, drum lass mich bitte antworten:


zu 1: Sobald du grün wirst, unterscheidest du dich letztlich überhaupt nicht von DER PARTEI! Was kümmern dich alle anderen, teilweise höchst unsicheren AKW’s dieser Welt? Darum am liebsten eine dicke Bleimauer um die Schweiz, damit ja keine böse ausländische Radioaktivität eindringen kann, und drinnen das heile Schwiizerländli mit den grossen Wasserkraftwerken aus dem letzten Jahrhundert! Und woher sollen wir denn den Strom nehmen, den es braucht, um den öffentlichen Verkehr auszubauen und die vielen Oelheizungen durch Wärmepumpen zu ersetzen? Und wie sollen die Batterien der Elektro-Autos aufgeladen werden? Bio-Gas aus Intensivhaltungs-Kuhställen oder Oekostrom aus dem neuen Greina-Wasserkraftwerk (das alte wurde ja nicht zuletzt dank deiner Hilfe verhindert!)?


zu 2: Äxgüsi, damit machst du dich schlicht und einfach lächerlich! Beispiel: Eine Fahrt von Herrliberg nach Zürich mit der S-Bahn dauert 20 Minuten. Mit dem Tram von Seebach zum Stauffacher dauerts mindestens 26 Minuten. Und DA sollte den Herrliberger ÖV-Pendlern - wenn's denn solche geben soll - das Stehen nicht zugemutet werden dürfen, den innerstädtischen TramfahrerInnen aber schon?


zu 3: Mieten sind bezahlbar wenn denn s’ Einkommen stimmt! Und es kann doch einfach niemand fordern wollen, dass er, bloss weil er einen so-called „alternativen Lebensstil“ pflegen will, bloss deshalb Anrecht auf eine billige Wohnung haben sollte? Und verbilligt mit Steuergeldern? Pfui der Deibel! Richtig wäre: Wir FORDERN für alle Arbeitnehmenden Löhne, die ihnen bei 100% Arbeitszeit die Grund(!)-Bedürfnisse: Wohnen, Essen, Gesundheit decken! No more Working Poor!


zu 4: Hat’s denn jemals so was wie „Steuergerechtigkeit“ gegeben? Und wie steht’s bei den „versteckten“ Steuern wie der MWSt, der Tabak-, der Mineralöl- und der Hundesteuer? Ist das „sozial“ gerecht?


zu 5: Da bist du in der unüberbietbaren Belanglosigkeit mit DER PARTEI ja völlig einig! Liebe SP! Ja, ich wähle dich wieder, aber nur, um DER PARTEI den Klotz am Bein zu erhalten! Denn du hast nicht nur deine frühere (Wähler-)Basis, sondern unterdessen auch dich selbst verraten.
So wie du dich heute präsentierst, empfinde ich nur noch Mitleid mit dir, so als WischiWaschi-MultiKulti-NuschelKuschel-urbanophilkulturelle-gutmenschliche Sozialromantikerpartei.

Wenn du denn so weitermachst, wirst du bald auf dem Friedhof der Kuschelparteien beerdigt werden! Hafenkräne und Nagelhäuser, Velowege und Soziokultur sind dir heute wichtiger als Arbeitnehmende, auch und gerade diejenigen, für die du dich eigentlich stark machen könntest: Sinngemäss aus einem Interview mit C.M. im TA: „Ja, wir haben das Kulturbudget massiv erhöht, und dazu stehe ich...“ und dann der Hammer: „Wenn wir beim Personal sparen, wird das die Bürgerlichen ja kaum gross kümmern .. „. Eine Sozi?

Und wie ist’s mit dem städtischen Budget? 220 Millionen sparen? Und da zaubert der rot-grüne Rat plötzlich so schwuppdiwupp 150 Mio. Mehreinnahmen aus dem Hut – und die verbleibenden 70 Mio. werden mehrheitlich beim Personal gespart! Und dann werden 9 Mio. für „kulturelle Aufwertung“ (oder so) des Löwenbräu-Areals gesprochen. Und den – gewinnorientierten! – Fussballklubs werden rund 1 Mio. geschenkt. Die werden sicher nicht bei den Personalkosten sparen!

Liebe SP, wenn du jetzt die jungen, gut verdienenden urbanen Kulturellen umschmeichelst vergiss nicht: auch die werden älter „gesetzter“, vielleicht auch noch reicher, und dann ist’s mit Sicherheit aus mit dieser Wählerschaft!

Wie wär’s, wenn du dich wieder auf deine Herkunft und deine damalige Stärke besinnen möchtest: Einsatz für die Arbeitnehmenden. Okay, ich weiss, dass es heute keine „Arbeiter“ mehr gibt. Sie nennen sich nämlich „Angestellte“. z.B. im Detailhandel, oder der Gastronomie, oder als LKW-Fahrer bei Hrn. Giezendanner. Geht’s denen denn letztlich einen Dreck besser als den früheren „Arbeitern“? Werden denn die auch nur einen Deut weniger missbraucht, ausgequetscht und verarscht als früher die FabrikarbeiterInnen? Nein, aber du hast sie vergessen, ihre aktuellen(!) Anliegen, Nöte und Sorgen! Du kannst sie nicht abholen mit AHV, IV oder so, solange das für sie noch kein Thema ist - heisst sie nicht betroffen sind! Die wenigsten mögen sich nämlich noch erinnern, wie beschissen es für ihresgleichen früher einmal war!


Tja, liebe SP, du hast das Feld, wo du ursprünglich gesät und auch geerntet hast, wirklich fast kampflos DER PARTEI überlassen. Und das lässt mein rotes Herz, das links schlägt, schon beinahe stillstehen!

Deshalb liebe SP, überleg's dir doch bitte noch einmal, ja, ob du mich und alle deine anderen alten Freunde denn wirklich so schnöde verlassen willst! Als alter Freund grüsse ich dich mit:

www.youtube.com/watch?v=A4a_1UhwgFU&playnext=1&list=PLC0A9B3A7F4073E97

Sonntag, 27. März 2011

Orlando's Fettuccine all'Anatra e agl'Asparaghi


Auf vielfachen Wunsch von Mila und passend zur Spargelsaison hier mein liebstes Pastarezept - genossen erstmals in irgend einem herrlichen Restaurant an der 2nd Ave in New York City im Mai 2003. Es hiess dort "Chef's own" o.ä., ich taufe es jetzt halt nach meiner Bar.

Es ist wirklich sehr einfach und so ein typisches Rezept nach dem Motto "mixe zusammen, was du einzeln liebst und tue etwas Rahm dran und Teigwaren dazu". Basta.

Übrigens habe ich in obgenannter Stadt eine andere italo-amerikanische Pasta-Spezialität liebengelernt: Spaghetti alla Vodka. Aber dazu vielleicht ein andermal.








Für 2 Personen

  • Entenbrust ca. 400g
  • geschälter, blanchierter grüner Spargel
  • Steinpilze
  • getrocknete Tomaten in Öl
  • Zwiebeln
  • frisches Salbei
  • Marsala
  • hausgemachter Rinder- oder Wildfond
  • Double Crème

Die vorgegarte Entenbrust salzen, pfeffern und in etwas zerlassenem Gänsefett zusammen mit den Spargeln anbrutzeln, die weichen Steinpilze, die Zwiebeln und die getrockneten Tomaten dazugeben. Nach einer kurzen Weile mit Marsala (oder Weisswein) ablöschen. Salzen und Fond dazugeben. Glasdeckel darauf und ca. 5 Minuten bei niedriger Temperatur ziehen lassen. Die Double Crème unterrühren und fein geschnittene Salbeiblätter (wenig!) dazugeben. Warm halten.

Die Fettucine in Salzwasser gar kochen (ich empfehle sehr dünne, getrocknete, keine frischen) und in etwas Restkochwasser und Butter schwenken.

Auf Tellern anrichten und Enten-Spargel-Ragout mit der herrlichen, rahmigen Sauce darübergeben.

Salbei kann durch glatte Petersilie ersetzt werden. Meist geraten meine Saucen für den Durchschnittsgeschmack zu dünn. Mir macht das nichts aus, es erhöht aber die Verspritzgefahr beim Verzehr. Sonst halt Maisstärke unterrühren.

Dazu passt vorzüglich ein leichter Italiener (ich kenne mich mit italienischen Weinen sehr schlecht aus, daher kein Tipp heute).

Aber wieso nicht mal etwas anderes ausprobieren, zum Beispiel ein lieblicher Rotwein etwa aus dem Südbadischen, zum Beispiel ein feiner Trollinger-Lemberger? Oder natürlich - wie immer zu Pasta - ein simpler aber köstlicher Zinfandel aus Kalifornien.

En guete!

Samstag, 19. März 2011

Die verbotenen Cartes Blanches - Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Fufi

Anstelle eines Wortes zum Sonntag (doch doch, auch das gibts hier gelegentlich!) hier eine sehr bedenkenswerte Betrachtung aus hochaktuellem Anlass. Autor ist der allseits bekannte Mamablog-Kommentierer Fufi.


Zur Sicherheit von Atomkraftwerken

Zuvörderst: Ich glaube nicht, dass der aktuelle Energieverbrauch - sprich "Lebensstandard" - alleine durch sofortige (individuelle) Sparmassnahmen auf ein Niveau gesenkt werden kann, das den weltweiten Energiehunger auch ohne Einsatz von Atomkraft decken kann. Insofern halte ich den Einsatz von AKW's als "Übergangslösung" faktisch leider für
unverzichtbar.


Dennoch sollten wir uns, angesichts der bisher stets beteuerten Sicherheit, die jetzt einer breiten Unsicherheit gewichen ist, folgendes vor Augen halten:

Die Wahrscheinlichkeit eines Super-GAU pro AKW und Jahr wird - je nach Quelle und Reaktortyp - verschieden angegeben.
Sie reicht, gemäss Angaben die ich heute (16. März 2011) gefunden habe, von 1 pro 30'000 (Reaktoren der 2. Generation) über 1 pro 250'000 bis zu 1 pro 1 Million.
Zum Vergleich: Das Risiko, einen 6er-PLUS im Schweizer Lotto zu erhalten, liegt bei etwa 1 zu 24 Millionen, bei Euro-Millions bei etwa 1 zu 72 Millionen pro Ziehung.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die allermeisten aktiven AKW's der ersten und zweiten Generation angehören und einer gewissen "Unsicherheitsspanne", lässt sich also folgendes Risiko berechnen:
Das Jahres-Risiko beträgt 1:30'000 pro AKW. Bei einer Betriebszeit von 30 Jahren erhöht sich das Risiko auf 1:1'000 pro AKW/Betriebsdauer (in den USA sind z.B. sind alle AKW's älter als 30 Jahre). Nun sind aktuell weltweit rund 440 AKW's in Betrieb.

Gemäss Wahrscheinlichkeitsrechnung sollte also so rund alle zweieinhalb Jahre ein AKW in die Luft fliegen! Da sind unsere AKW's ja wirklich so richtig sicher? Oder nicht?

(Übrigens: Bei einer Berechnung mit 1 auf 250'000 Jahren würde das eine Zeitspanne von rund 20 Jahren ergeben, und die Katastrophe von Tschernobyl ereignete sich vor 25 Jahren!)

Zudem: 1 mal in 30'000 Jahren heisst NICHT, dass das bei irgendeinem bestimmten AKW - zum Beispiel Leibstadt - erst in - sagen wir mal - 19'781 Jahren geschieht! Es könnte nämlich auch am 1. April 2011 geschehen - ausgerechnet an dem Tag nämlich, an dem SIE ihren viel unwahrscheinlicheren Hauptgewinn im Euro-Millions machen!

Tja? Und jetzt? Machen wir weiter Glücksspiele?

Fufi, ("fufi das photon") ist lic. theol., lebt im Kanton Züri und treibt sich gerne in Mamablog sowie an der frischen Luft rum. Der Text wurde beim Tagesanzeiger als Leserbrief eingesandt aber nie veröffentlicht. Orlando's Bar dankt Fufi für seinen Beitrag.
Und zum Schluss noch dies:


Samstag, 12. März 2011

Our Hearts Go Out To The Japanese People

In Gedanken sind wir fest bei dem stolzen, freundlichen und leidgeprüften Volk von Japan in dieser seiner schweren Stunde!







Samstag, 5. März 2011

In the cannon's mouth - die sieben Stadien


All the world's a stage
And all the men and women merely players:
They have their exits and their entrances;
And one man in his time plays many parts, His acts being seven ages.

At first the infant,
Mewling and puking in the nurse's arms.
And then the whining school-boy, with his satchel
And shining morning face, creeping like snail
Unwillingly to school. And then the lover,
Sighing like furnace, with a woeful ballad
Made to his mistress' eyebrow. Then a soldier,
Full of strange oaths and bearded like the pard,
Jealous in honour, sudden and quick in quarrel,
Seeking the bubble reputation
Even in the cannon's mouth. And then the justice,
In fair round belly with good capon lined,
With eyes severe and beard of formal cut,
Full of wise saws and modern instances;
And so he plays his part. The sixth age shifts
Into the lean and slipper'd pantaloon,
With spectacles on nose and pouch on side,
His youthful hose, well saved, a world too wide
For his shrunk shank; and his big manly voice,
Turning again toward childish treble, pipes
And whistles in his sound. Last scene of all,
That ends this strange eventful history,
Is second childishness and mere oblivion,
Sans teeth, sans eyes, sans taste, sans everything.

(W. Shakespeare, As you like it, Jaques' Monologue, Act II., Scene VII)