Cocktails, gebrannte Wasser, Zigarrendunst -- die Gespräche an Orlandos Bar drehen sich um Medienkritik, Kultur, Philosophie, um Gesellschaftspolitik, Religion, Familie und Erziehung, um Mann und Frau -- und ums Kochen. Gejammer, Gelächter, Angeberei sowie gepflegte Beschimpfungen sind an der Tagesordnung.



Sonntag, 24. Oktober 2010

Der "missunterschätzte" Präsident


"Ich werde nicht aufgeben - und wenn nur noch Laura und mein Hund Barney an mich glauben" (G. W. Bush zu Bob Woodward)

Fast zwei Jahre ist es her, dass er das Weisse Haus an Barack Obama übergeben hat - und doch ist George W. Bush, 43. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, immer wieder für angeregte Bargespräche gut. Wobei, "angeregt" ist vielleicht etwas untertrieben: nach wie vor spaltet dieser Mann und seine Politik die Meinungen und die Auseinandersetzungen um ihn werden mit einer Vehemenz geführt, die erstaunt. Nach wie vor verteidigt man ihn mit ideologischem Eifer oder man hasst aus tiefem Herzen oder mit einem ähnlichen ideologischen Eifer.Was hat dieser Politiker an sich, dass die Geister sich an ihm so herrlich scheiden können?


Als Bush nach Texas zog und Obama, dem Messias aller "fortschrittlich" denkenden Alteuropäer die Regierungsgeschäfte übergab - allein für sein Gewähltwerden erhielt der neue Präsident von der Osloer Nobelpreisakademie dann einen Oscar...pardon, einen Frie
densnobelpreis - sagte ein Korrespondent in "Echo der Zeit" auf Radio DRS2 (ich glaube es war Erich Gysling): "Jedenfalls hat Bush in seinen acht Jahren Spuren hinterlassen, wie kaum ein Präsident vor ihm."

Zwei Feldzüge (in Afghanistan und im Irak), eine Neuordnung der kompliziert gewordenen Welt der Neunziger Jahre mit der Bush-Doktrin ("Entweder ihr seid mit uns oder gegen uns") und daraus konsequenterweise abgeleitet, die "Axis of Evil", die Nichtunterzeichnung des KyotoProtoklls und die darauffolgende Krise der Klimaforschung...in entscheidenden Themen, die alle Menschlein am Anfang des 21. Jahrhunderts so beschäftigen, hat dieser Mann offenbar tiefe Spuren hinterlassen.


Mangelnden Gestaltungswillen kann man ihm gewiss nicht vorwerfen, ob man nun einverstanden ist mit dem Wie und Wo oder nicht. Selbst schärfste Kritiker werden dies anerkennen. Eine "lahme Ente" war dieser Präsident nicht.

Ist die Welt nach 8 Jahren George W. Bush eine schlechtere oder bessere als vorher? Welche Lehren müssen wir historisch ziehen aus 9/11 und der Art, wie dieser Präsident darauf reagiert hat? Und selbst bei den zahlreichen Fehlern, die dieser Präsident gemacht hat: wie gravierend sind diese auf lange Sicht? Hat man auch hier in Europa in den Nuller-Jahren nicht auch manchmal - wenn auch vielleicht aus der ptik des Augenblicks zu Recht - etwas überreagiert?

Darüber nachzudenken, kann heilsam sein, gerade auch jetzt, einige Jahre später. Die meisten von uns haben sehr bewusste Erinnerungen an das letzte Jahrzehnt. Und welches Fanal am Anfang stand: der 11. September 2001! Wie wir das miterlebt haben, fassungslos, elementar, mit seiner überwältigenden Bildwucht, hat uns geprägt und alles was damit zusammenhängt hängt mit Bush zusammen. Vielleicht sind wir deshalb so empfindlich. Wir sind noch in der Denial-Phase und sträuben uns, die Welt so zu sehen, wie sie tatsächlich ist.

Hier also eine vorsichtige Auflistung all der Dinge, die Bush vielleicht doch nicht so schlecht gemacht - oder wenigstens erfolgreich und konsequent zu Ende gebracht - hat:

1. Keine neuen Anschläge nach 9/11 auf amerikanischem Boden. Ein gutes Dutzend geplante wurde vereitelt.

2. Kein Land beherbergt und sponsert mehr Terroristen oder kommt in schwere Bedrängnis wenn es dies tut.

3. "The Surge". Aufgabe der Rumsfeld-Strategie und Aufstockung der Truppen im Irak, was dort erst den Frieden gebracht hat.

4. Kyoto: viele Schwindeleien und einseitige Panikmache der Klimaprediger wurden entlarvt. Diese müssen ihre Argumente besser beweisen, bevor man der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen mutwillig Schaden zufügt.

5. Gleneagles-Gipfel: Milliardenpaket für Afrika und Kampf gegen AIDS in Südostafrika.

6. Steuersenkungen während ganzer Amtszeit (ca. 37 Milliarden Dollar, das die Leute mehr zur Verfügung hatten, vor allem der Mittelstand)

7. "No Child left behind": Grosse Offensive um Lese- und Schreibefähigkeiten an den Schulen zu fördern.

8. "Bailout": Banken gestützt und damit womöglich schlimmeres verhindert (kein Domino-Effekt beim Crash grosser Banken)

9. Stammzellenforschung: hat sie durch entsprechende Gesetze vorangebracht.

10. Bundesrichtererennungen: Abtreibung, Homo-Ehe und Drogenliberalisierung sind für die nächste Zeit vom Tisch.

Und was denken Sie? Ist die Welt eine schlechtere oder bessere geworden? Wie hätte man anders auf 9/11 reagieren sollen? Oder ist Bush der schlechteste Präsident seit je?


Donnerstag, 14. Oktober 2010

"Du musst dich verändern" - die Abwärtsspirale

Der “Wandel” (change bei Obama = der Kampfruf aller “Progressiven”) ist der Schlachtruf der modernen Kommunisten: alles ist im Wandel, wir müssen uns auch wandeln, weil es keine Werte für sich allein gibt (und schon gar keine absoluten, denn Gott ist ja tot!) sondern nur individuelle Wertbegriffe in Relation zu anderen individuellen Wertbegriffen, ein System von Werte-Pluralismus oder -pluralismen sogar, ist so ein Lieblingswort der “Change”-Rufer. Unnötig zu sagen, dass fürs erste die Werte der ANDEREN über diejenigen der verdorbenen, abendländischen, “spätkapitalistischen” Gesellschaft in Europa gesetzt werden müssen, weil diese ja für alles schlechte in der Welt schuld ist.

Das ist Dekadenz: wenn man krampfhaft die eigenen Werte niedrig-, dafür die Werte aller anderen - oder des ANDEREN grundsätzlich - hochhält!

Dieser “Wandel” als Programm bedeutet konkret die permanente Selbstabschaffung von Werten, die Freiheit, Demokratie und Wohlstand erst möglich gemacht haben, und sie wird von Hochschulprofessoren ebenso betrieben, wie von Politikern, Journalisten, Intellektuellen und Künstlern (bei denen ist es praktisch der einzige “content”, den sie noch liefern mögen).

Sarrazin hatte nicht unrecht mit dem Titel seines Buches: Selbstabschaffung. Was “Tradition” und überliefertes Wissen und vor allem gewachsene Strukturen des Zusammenlebens zwischen Menschen ist: es ist Schnee von gestern, es ist Aberglaube früherer, unterentwickelter Generationen, es ist patriarchalisch, altmodisch, degeneriert, konservativ, rassistisch, egoistisch, überholt, obsolet geworden.

Das Ziel dieser Leute ist eine Ordnung, in der das Individuum nicht mehr das Mass allen politischen Freiheitsdenkens ist, sondern in der sich die Gemeinschaft kontrolliert und planbar entwickelt. Dass sich in der bürgerlichen Welt Wohlstand und Freiheit am individuellen Glücksstreben misst, welches sich nur in einem freien Markt (nicht nur der wirtschaftlichen Güter, sondern der Fähigkeiten, Lebensentwürfe, Wertehaltungen, Ideen und Organisationsformen) verwirklichen kann, ist jenen Leuten ein Dorn im Auge.

Sie wollen eine bessere Welt erschaffen, mit dem besseren Menschen darin. Mit Menschen, die zur besseren Welt passen, nicht umgekehrt. Der Mensch soll wie ein Möbelstück in die bessere Welt sich einfügen. Die Sozis haben nie kapiert: die Welt ist nicht besser, als die Menschen, die darin wohnen.
Für sie ist der Mensch nur Manipuliermasse: "Es sind die gesellschaftlichen Verhältnisse, die den Mensch prägen, nicht umgekehrt" - was für ein Irrtum!

Die Sozis mögen nicht, dass an der Spitze aller Ordnung das Individuum – oder besser: die Individuen in ihren frei gewählten Zusammenschlüssen – stehen muss. Nein, sie wollen dort stattdessen einen irgendwie weisen, gerechten, fürsorglichen Staat installieren.

Sie erfinden oder suchen daher laufend neue “Ungerechtigkeiten”, “Unterdrückungen”, “Abhängigkeiten” um das individuelle Glücksstreben in Schranken zu weisen. Edward Miliband zum Beispiel, der neue Labour-Chef, sagt ja öffentlich, dass das Konzept freie Marktwirtschaft nicht mehr sakrosankt sei. Eine Art von Sozialismus soll das Zusammenleben gründlich regeln, weil natürlich die “Experten” und “Profis” und Beamten besser in der Lage sind, das Leben der Leute zu gestalten.

Das Problem ist nur, dass die Leute eben weniger doof sind, als dies die Sozis wünschen und deshalb nie mitmachen werden bei diesen Plänen!

Die hartnäckig betriebene, in vielen Fällen in purem kulturellem Selbsthass begründete, Selbstabschaffung äussert sich, wie Max richtig diagnostiziert hat, in der modernen Haltung:
“Ändern wir nicht die Misstände sondern passen die Gesetze und Regeln so an, dass es nicht mehr Missstände sind”.
Das sehen wir bei der Drogenpolitik, im Immigrationsbereich, im Strafrecht, in der Begegnung mit radikalen Muslimen, im Sozialwesen, in der Aussenpolitik, im Scheidungsrecht, in der Familienpolitik, im Schulsystem – überall dort wo gesellschaftliche Konflikte schwelen oder schon ausgebrochen sind und grosse Teile des politischen Establishments zu schwach und wankelmütig geworden sind um (1) Prinzipien zu formulieren, (2) klare Regeln aufzustellen und (3) diese auch durchzusetzen und stattdessen Pflästerlipolitik betreiben und Grundsatzentscheide meiden.

Ein Blinder sieht, dass die Spirale abwärts dreht und damit den Boden bereitet für die “Change”-Rufer, die für alles eine Lösung haben: Mehr Staat!

Und ja, mit Weisswein-schürfenden gescheiterten Pianistinnen und Studienabbrecherinnen und Ego-Bulldozern, die sich allein am persönlichen Machterhalt orientieren, gewählt von einem Parlament, das gern eine konkordante Kuschelzone wäre aber tatsächlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit jeder über den anderen herfällt wie wilde Tiere – mit solchen Leuten am Ruder sind die (noch) bürgerliche Grundfesten dieser Gesellschaft ernsthaft in Gefahr.