Donnerstag, 30. Dezember 2010
Gestammel und Unehrlichkeit zum Jahresende
Samstag, 4. Dezember 2010
Lasst die Schafe nun friedlich grasen
Der Schlaf der Gerechten von Oliver Zimmer
Die kritische Intelligenz der Schweiz lamentiert oft, die SVP habe das Land in eine Verdummung gestürzt. Scheinbare Beweise sind rasch zur Hand: Aufstieg der Partei zur stärksten politischen Kraft im Land; der Ausgang der Minarett-Initiative; schliesslich die Annahme der
Ausschaffungsinitiative am Sonntag. Es ist davon auszugehen, dass man sich künftig noch stärker an die Idee der angeblichen Volksverführer klammern wird. Beim Argument handelt es sich in Wirklichkeit um eine intellektuelle Leerformel.
Denn die Blocher-Partei befindet sich auch deshalb im Hoch, weil der fortschrittliche Liberalismus in der Schweiz versagt. Defizite bei der Deutung der Schweizer Geschichte und Gegenwart spielen dabei eine zentrale Rolle. Die Meinung etwa, dass sich Hunderttausende von Menschen von einer gut geschmierten Propagandawalze einfach so überrollen lassen, ist in der modernen Geschichtsforschung längst überholt. Ideologien lassen sich nur dann verkaufen, wenn sie die Leute irgendwo abholen.
Jedem sein Wutbürger?
Warum hat die SVP mit ihren Initiativen zu den Themen «Fremde» und «Ausländer» Erfolg? Manche Kommentatoren glauben, es liege an der Globalisierung; etwa daran, dass die Konkurrenz auf dem Wohnungs- und Stellenmarkt grösser geworden sei. Beliebt ist auch die Vorstellung, wonach sich die gesellschaftliche Entwicklung so sehr beschleunigt habe, dass die sozialen und kulturellen Verhältnisse unübersichtlich geworden seien. Mit der Folge, dass sich die Leute in ihrer Haut nicht mehr wohlfühlen würden und ihnen die einst vertraute Umgebung fremd geworden sei.
So ähnlich wurde kürzlich, in Anlehnung an philosophische Grossmeister, auch in dieser Zeitung räsoniert: Die Globalisierung habe den «Wutbürger» erzeugt, dessen Ressentiment sich vor allem gegen den «Weltbürger» richte, der sich den Blick aufs grosse Ganze bewahrt habe. Solches hat man, so oder ähnlich, schon oft gelesen. Der Sound klingt vertraut. Vor allem aber ist er merkwürdig geschichtslos.
Der grosse Assimilationsdruck
Ganz ohne historische Substanz geht es aber nicht. Sie zeigt zum Beispiel, dass alte Republiken einen grösseren Assimilationsdruck ausüben als nicht republikanische Staatswesen. Die Maxime von der einen und unteilbaren Nation gehört seit der Revolution zur Grundausstattung des nationalen Selbstverständnisses in Frankreich. So bezeichnete Nikolas Sarkozy die Burka als unvereinbar mit den Grundsätzen der Französischen Republik.
Es gibt aber wohl kaum eine Gesellschaft, die einen ähnlich grossen Assimilationsdruck erzeugt wie die kommunal verfasste Republik Schweiz. Anders als im benachbarten Ausland haben es die Schweizer Gemeinden bis heute geschafft, die Machtausdehnung des Staats in zentrale Bereiche des öffentlichen Lebens zu verhindern. So gibt es kein anderes Land, wo die Gemeindebürger über die Aufnahme ins Schweizer Bürgerrecht befinden.
Assimilationsmaschine stockt
Das hat Folgen: Anders als in andern Ländern agiert in der Schweiz nicht der Staat als Gralshüter der Nation, sondern die Bürgerin und der Bürger. Damit wird das Nationale zum festen Bestandteil der bürgerlichen Lebenswelt – und damit auch die Assimilation. Jeder Schweizer ist ein potenzieller Schweizermacher. Genau dort holt die SVP die Leute mit ihren Initiativen ab. Kriminalität von Ausländern bildet die Antithese zur Assimilation. Das mag mit erklären, warum es vielen Leuten anscheinend egal war, dass die SVP-Initiative nicht unterscheidet zwischen leichten und schweren Delikten. Jedes Delikt stellt die Integrationsbereitschaft infrage. Da schlägt offenbar der Schweizermacher in manchen Schweizern zu. Das pauschal als Fremdenfeindlichkeit zu taxieren, ist jedoch billig und erklärt wenig.
Dass die SVP die Geschichte und Gegenwart der Schweiz in einem zentralen Bereich offenbar besser verstanden hat als ihre Gegner, das ist mit das Bedenklichste der Abstimmungen der letzten Jahre. Dem Land fehlt ein intelligenter Linksliberalismus. Nötig wäre zum Beispiel, dass sich die selbst ernannten Weltbürger endlich kritisch mit dem Thema Integration auseinandersetzen. Das bedingt aber ein besseres Verständnis für die historischen Prägekräfte der Schweiz.
Wer glaubt, die Geschichte verliere mit der Globalisierung an Bedeutung, huldigt einem Mythos. Mit Appellen an die Willensnation ist es indessen nicht getan. Von zentraler Bedeutung ist die kommunale Prägung der schweizerischen politischen Kultur. Der Gemeinde-Republikanismus hat immer wieder starke ausschliessende wie integrierende Kräfte freigesetzt. Die Politik der SVP appelliert an Erstere. Fortschrittliche Liberale sollten beginnen, sich für sein integratives Potenzial zu interessieren.
Der Zürcher Historiker Oliver Zimmer lehrt Moderne Geschichte an der renommierten Universität Oxford. ---
Was denken Sie, liebe Leser? Hat Zimmer Recht? Sieht er vom Ausland aus etwas klarer als unsere Journalisten, Linkspolitiker und Chefintellektuellen im Land?
Wieso haben die Linken zum Beispiel Sie nicht erreicht mit ihren Anliegen? Sind auch Sie von der "millionenschweren Propagandamaschine" des Economiesuisse überrollt worden und stimmten danach wie unter innerem Zwang gegen die Steuer"gerechtigkeits"initiative?
Ist es nicht eine schallende Ohrfegie für Parlament und Bundesrat, dass in keinem einzigen Kanton der Gegenvorschlag eine Mehrheit findet? Eine Ohrfeige wofür?
Übrigens ist am Wochenende etwas passiert, was bisher niemand für erwähnenswert befand: Die SVP ist mit einem ihrer ureigensten Anliegen bis weit über ihre Wählerschaft hinaus in die Mitte der Gesellschaft marschiert. Und dies bei einer unüblich hohen Stimmbeteiligung: die Linken gingen für die Steuerinitiative stimmen und legten dann gleich noch ein Doppelnein gegen die Schäfchenplakate in die Urne. CVP, FDP und die anderen "anständigen" Parteien der schwammigen Mitte haben brutal Schiffbruch erlitten.
Lassen Sie mich mit dem persönlichen, ehrlichen Wunsch schliessen, dass wir nun eine Weile Ruhe haben mögen vor dem Ausländerthema und uns wichtigeren Themen zuwenden. Immerhin sind nächstes Jahr Wahlen und da möchten wir schon gern wissen, welche Ideen vorhanden sind, um die Schweiz in eine erfolgreiche, sichere und unabhängige Zukunft zu führen (darunter gibts für mich nichts), und nicht nur darum, ob man jetzt einen oder zwei Bundesräte beanspruchen kann oder nicht.
Heute schliessen wir mit J.S. Bach das Kapitel "Schäfchenplakate" ab, das die Schweiz seit drei Jahren in Atem gehalten hat. In Bachs Kantate BWV 208 heisst es:
Schafe können sicher weiden,
Wo ein guter Hirte wacht.
Wo Regenten wohl regieren,
Kann man Ruh und Friede spüren
Und was Länder glücklich macht.
Regenten wollen wir zwar keine und die Hirten sind in unserer Demokratie wir selber - oder allenfalls der Herr ganz oben. Und anhören kann man sich das herrliche Stück Musik hier: http://www.youtube.com/watch?v=TYjqnlc7MRw
Schönen zweiten Advent Ihnen allen und ihren Familien!
Donnerstag, 4. November 2010
Orlando's scharfe Idee
Sonntag, 24. Oktober 2010
Der "missunterschätzte" Präsident
Donnerstag, 14. Oktober 2010
"Du musst dich verändern" - die Abwärtsspirale
Dieser “Wandel” als Programm bedeutet konkret die permanente Selbstabschaffung von Werten, die Freiheit, Demokratie und Wohlstand erst möglich gemacht haben, und sie wird von Hochschulprofessoren ebenso betrieben, wie von Politikern, Journalisten, Intellektuellen und Künstlern (bei denen ist es praktisch der einzige “content”, den sie noch liefern mögen).
Sarrazin hatte nicht unrecht mit dem Titel seines Buches: Selbstabschaffung. Was “Tradition” und überliefertes Wissen und vor allem gewachsene Strukturen des Zusammenlebens zwischen Menschen ist: es ist Schnee von gestern, es ist Aberglaube früherer, unterentwickelter Generationen, es ist patriarchalisch, altmodisch, degeneriert, konservativ, rassistisch, egoistisch, überholt, obsolet geworden.
Das Ziel dieser Leute ist eine Ordnung, in der das Individuum nicht mehr das Mass allen politischen Freiheitsdenkens ist, sondern in der sich die Gemeinschaft kontrolliert und planbar entwickelt. Dass sich in der bürgerlichen Welt Wohlstand und Freiheit am individuellen Glücksstreben misst, welches sich nur in einem freien Markt (nicht nur der wirtschaftlichen Güter, sondern der Fähigkeiten, Lebensentwürfe, Wertehaltungen, Ideen und Organisationsformen) verwirklichen kann, ist jenen Leuten ein Dorn im Auge.
Die Sozis mögen nicht, dass an der Spitze aller Ordnung das Individuum – oder besser: die Individuen in ihren frei gewählten Zusammenschlüssen – stehen muss. Nein, sie wollen dort stattdessen einen irgendwie weisen, gerechten, fürsorglichen Staat installieren.
Sie erfinden oder suchen daher laufend neue “Ungerechtigkeiten”, “Unterdrückungen”, “Abhängigkeiten” um das individuelle Glücksstreben in Schranken zu weisen. Edward Miliband zum Beispiel, der neue Labour-Chef, sagt ja öffentlich, dass das Konzept freie Marktwirtschaft nicht mehr sakrosankt sei. Eine Art von Sozialismus soll das Zusammenleben gründlich regeln, weil natürlich die “Experten” und “Profis” und Beamten besser in der Lage sind, das Leben der Leute zu gestalten.
Das Problem ist nur, dass die Leute eben weniger doof sind, als dies die Sozis wünschen und deshalb nie mitmachen werden bei diesen Plänen!
Die hartnäckig betriebene, in vielen Fällen in purem kulturellem Selbsthass begründete, Selbstabschaffung äussert sich, wie Max richtig diagnostiziert hat, in der modernen Haltung:
“Ändern wir nicht die Misstände sondern passen die Gesetze und Regeln so an, dass es nicht mehr Missstände sind”.
Das sehen wir bei der Drogenpolitik, im Immigrationsbereich, im Strafrecht, in der Begegnung mit radikalen Muslimen, im Sozialwesen, in der Aussenpolitik, im Scheidungsrecht, in der Familienpolitik, im Schulsystem – überall dort wo gesellschaftliche Konflikte schwelen oder schon ausgebrochen sind und grosse Teile des politischen Establishments zu schwach und wankelmütig geworden sind um (1) Prinzipien zu formulieren, (2) klare Regeln aufzustellen und (3) diese auch durchzusetzen und stattdessen Pflästerlipolitik betreiben und Grundsatzentscheide meiden.
Ein Blinder sieht, dass die Spirale abwärts dreht und damit den Boden bereitet für die “Change”-Rufer, die für alles eine Lösung haben: Mehr Staat!
Und ja, mit Weisswein-schürfenden gescheiterten Pianistinnen und Studienabbrecherinnen und Ego-Bulldozern, die sich allein am persönlichen Machterhalt orientieren, gewählt von einem Parlament, das gern eine konkordante Kuschelzone wäre aber tatsächlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit jeder über den anderen herfällt wie wilde Tiere – mit solchen Leuten am Ruder sind die (noch) bürgerliche Grundfesten dieser Gesellschaft ernsthaft in Gefahr.
Sonntag, 26. September 2010
Lotto im Säli - und neue Ideen!
Samstag, 25. September 2010
Herbstliche Schlemmerei
- vier kleine, säuerliche Äpfel
- Rosinen
- Butter, Zucker, Salz
- etwas Bouillon
- Weisswein
- Rösti
Sonntag, 19. September 2010
Jackie O. Fehr - linke Millionäre wollen Bundesrat werden
Freitag, 13. August 2010
Binsi-Wahrheiten
Darauf aufmerksam gemacht, dass der gestrige Binsi-Blogeintrag von einem unlängst in einer anderen Publikation erschienenen Artikel abgekupfert ist, keift sie im Chor mit den
Scharfmachern um die Nonstop-Blogger/innen Pippi, Widerspenstige (alias Heidi Banz aus Basel) und dem alten Augie - aka der Kita-Fellini - gegen den Überbringer der Mitteilung. Das sind ja tolle Aussichten!
Höchste Zeit, sich mal mit Binswanger Michèle (Michelle war zu gewöhnlich, da musste ein Sonderzeichen hin) näher zu befassen. Wer dies tun will, dem sei geraten, ihren Auftritt in einer denkwürdigen SF-Club-Veranstaltung vom vergangenen Herbst zu studieren: dort diskutierten einige Künstler und freischaffende Schreiberlinge mit viel flexibler Tageszeit darüber, wieviel von den Eltern die Kinder denn so brauchen (es war damals gerade Kinder machen Fernsehen-Woche oder so ähnlich hiess das Ding).
Um es vorwegzunehmen: das Netzt gibt nicht viel über Binsi preis. Wer ist die Frau, die auf Mamablogs Seitenleiste im Trainerpulli schüchtern mit Rehaugen in die Kamera glotzt? Von der es noch weniger Bildmaterial gibt als von den Albrecht-Brüdern? Die an der Uni Basel Germanistik und Philosophie studiert hat (offenbar eine geeignete Vorbereitung zum Journalistendasein) und ihre ersten nachweisbaren Gehversuche in Basler Studentenmagazinen, Kunst- und Kulturpostillen und dann bei der BaZ machte? Und die seit einiger Zeit für Tagi/Newsnetz gelangweilt vom Opernball twittert oder sonst Mal ein Textchen schreibt.
In der Fernsehsendung begegnet uns eine extrem schlanke, seltsam gehemmt wirkende Frau. Die Diskussion verläuft ähnlich ziellos, wie manche Mamablog-Diskussion und Binsi profiliert sich auch dort eher unbeholfen und mit eher extremen Meinungen. Mit einem Augenaufschlag, der mal einen Mitdiskutanten tadelt, mal neckisch "wir verstehen uns" signalisiert. Eine Frau, die es sich gewohnt ist, dass Männer sie schön finden. Eine Frau, die eher Mühe hat, in ihrem baslerisch gefärbten Aargauerisch oder Zürcherisch klare Aussagen zu machen. Finde alles ich - aber machen Sie sich selbst ein Bild!
Sozialisierung ist wichtig und Basel ist ein linkes Nest. Eine rot-grüne Provinzstadt mit etwas Kunst und Kultur (wegen dem Chemiegeld) und einer altehrwürdigen Universität, an der sich komische Typen tummeln. Eine Stadt, die eine Anita Fetz hervorbringt, kann man nun wirklich nicht ernst nehmen.
Seien wir gespannt, was die neue Mamabloggerin vom Rheinknie mit ihrem Blog anstellt. Die Binswanger, die immer wieder unangenehm dadurch auffiel, dass sie in Diskussionen eingriff, vor allem wenn jemand niedergeschrien wurde (sie macht da gern mit und bezeichnet Blogger - wie mich - als nicht ganz hell), die Michèle also pflegt ja eher einen essayistisch-nabelschauigen Freestyle. So wissen wir von ihren Geburtswehen, ihrem Kletterhobby, ihren bald herzigen, bald zwangsoriginellen Überzeichnungen als wäre sie eine Comicfigur. Und so wissen wir seit kurzem auch, dass La Binswanger in ihrem Leben schon viele beschnittene Exemplare "begegnet" sind...- dies sagte sie zumindest in einem jener (vermutlich längst ausradierten) peinlichen Einwürfe zu einer unsäglichen Diskussion unter den Mamabloggistas zu Beschneidung. Danke Michèle, so genau wollten wir's nun auch nicht wissen.
Donnerstag, 12. August 2010
Haarsträubende Aussichten!
Was waren das doch für Zeiten, als ich mit Inbrunst und Hingabe den Geschichten lauschte, in denen Gott die Welt erschaffen hat und sich Adam und Eva im Paradies tummelten.
Klar kamen mir relativ früh Zweifel wie das möglich sein kann, dass wir alle aus dem gleichen Guss sind, vor allem bei andersfarbigen Menschen, aber irgendwie habe ich die Einwände noch mehrere Jahre verdrängen können, bis ich mich dann mit der harten Realität abfinden musste.
Ich muss betonen: ich glaube nach wie vor an Gott (einfach nicht mehr in der althergebrachten Form), aber auch ich muss der Tatsache ins Auge blicken, dass wir mit grosser Wahrscheinlichkeit vom Affen abstammen. Meine Frage aber ist: muss man uns das denn unbedingt ansehen?
Klar, die Urmenschen brauchten das Fell um sich vor Sonne und Kälte zu schützten aber in den Zeiten von Sonnencreme, Zentralheizungen und C&A ist das doch wirklich nicht mehr notwendig. Bei Männern ist gegen Haare auf der Brust nichts einzuwenden, ebenso wenig wie unter den Armen, solange sie nicht zuviele oder zu lang sind, aber was um Himmelswillen soll den schön an Haaren auf dem Rücken
oder Schultern sein? Was ist so toll daran, wenn im Zoo ein Gorilla ausbricht und die Männer in den Badis zu tausenden und abertausenden eingefangen werden und in Käfigwagen gesperrt werden, weil sie von Primaten nicht zu unterscheiden sind?
René Kuhn hat ja vor einiger Zeit eine Kolumne geschrieben, dass er aus Russland eine Frau imporieren musste, weil die Frauen in der Schweiz ungepflegt seinen. Droht uns Frauen bald das gleiche Schicksal? Müssen wir dann auch noch die Männer aus Russland importieren (keine Ahnung ob die weniger Körperhaare als Schweizer haben oder nicht) oder müssen wir uns an Asiaten halten?
Bei den Frauen ist es auch nicht anders: Unter den Achseln und aus den Bikinis lugen ausgewachsene Gryzzlibären hervor und an den Beinen sind die Haare so lang und dicht, dass man Zöfpe daraus flechten könnte. Wenn möglich haben sie auch noch einen Oberlippenbart auf den mancher Mann eifersüchtig sein könnte.
Ich finde solche Anblicke einfach nur unästhetisch und schmuddelig.
Was meinen Sie liebe Leser: sind meine Ansichten übertrieben oder finden auch Sie solche Aussichten zum Haareraufen?
Montag, 9. August 2010
Standby
in Bälde verwöhnt Orlando's Bar das Publikum wieder mit harten Drinks, faulen Sprüchen, ätzender Polemik und guter Laune! Versprochen!
Haben Sie einige Zeit Geduld und die Faust des Kosmos haut wieder kräftig auf den Tisch und die brüllend laute Stimme der Wahrheit lässt wieder die Zauderer und kuscheligen Weicheier erschauern und zusammenzucken.
Im Moment habe ich echt allzuviel sonst um die Ohren. Bedient Euch selbst ihr Jünger und brechet vom Brot und leeret die Kühlschränke. Ich entschuldige mich für mein sieches Gastgebertum und gelobe, bald wieder mitzuzechen!
Bei Mäxu änen erholt sich das Sommerloch langsam von sich selbst und dort wechselt auch das Design ständig - von Herbstbrücke zu Nichts zu Zuchtblumen. Es ist also dort momentan garantiert spannender als bei mir hier. Ausserdem diskutieren dort interessante Menschen, die was zu sagen haben.
Dixi. Buona Notte!
Samstag, 31. Juli 2010
La Suisse et Le Parfait
Freie Presse, freie Wohnort- und Berufswahl, freie Wahlen und eine freie Zivilgesellschaft in der diskursiv ermittelt wird, welche Projekte, Ideen und Experimente man als Gemeinschaft wagt - das gab es in Russland damals nicht. In der Schweiz zur gleichen Zeit aber schon. Die Schweiz hätte es im Gegenteil gar nicht gegeben, hätten die Schweizer, die Bürger dieses Landes sich solche Freiheiten nicht erkämpft. Das war damals nur drei, vier Generationen davor. Ganz Europa hatte hysterisch gekichert, als die Schweizer sich eine demokratisch-freiheitliche Verfassung gaben.
Und wieder stehen wir am Scheideweg: ganz Europa scheint über diese störrischen, hoffnungslos rückständigen Schweizer zu lachen, die lieber den beschwerlichen, unsexyen, "unmodernen" Weg als Aussenseiter gehen - wie unpassend!
Fast scheint es, in Umkehrung des Spruchs von Adlai Stevenson, dass es heute einfacher ist, Prinzipien zu leben, sprich: die Vorteile des "Sonderfalles", eines freien, unabhängigen und reichen Landes zu geniessen. Beim geringsten Widerständchen aus dem Ausland sofort das Sturmgewehr im Zeughaus zu deponieren und mit weissen Leintüchern die Kapitulation zu erklären und mit Tränen der Dankbarkeit sich der Apotheose, dem Aufgehen im hlg. röm. Reich europäischer Nation sehnsüchtig hinzugben. Komm o Grosser Karl und schwängere mich mit deinem bürokratischen Pfahl, reiss mich in ghaddaffische Stücke und lass mich in süsser Selbstnihilierung glühend den Speichel seliger Dazugehörigkeit lecken und den Odem ganz europäischer Gewöhnlichkeit schnüffeln. Schmacht!
Um auf die Schweizer des Jahres 1963 zurückzukommen: meinen heutigen Eintrag widme ich aus gegebenem Anlass einer schweizerischen Spezialität sonder gleichen, die es so nirgendwo gibt, und zwar seit 60 Jahren!
- Integration (ob Kroate aus Basel oder Tamile aus Brig - jeder kennt es! Jeder mag es!)
Donnerstag, 29. Juli 2010
Patchwork - Achtung, es droht Gefahr!
Nun, wir setzen eben auch auf Qualität statt Masse. Und nun erreicht mich folgende interessante Meldung:
Es gibt eine Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen über das „Täterprofil“ in punkto sexueller Mißbrauch. Religionszugehörigkeit hat keinen Einfluß auf die Mißbrauchs-Häufigkeit: sexueller Mißbrauch kommt in katholischen, evangelischen oder konfessionslosen Familien im wesentlichen im gleichen Ausmaß vor.
Von großer Bedeutung für die Häufigkeit sexuellen Mißbrauchs ist jedoch die Frage, ob der Täter ein biologischer oder „sozialer“ Vater ist. "Zu den Tätergruppen gehören vor allem Vaterfiguren" (neue Lebenspartner der Mutter, Stiefväter etc.), schreibt Sabine Neumann in ihrem Buch „Sexueller Mißbrauch“. Hingegen ist der Anteil der leiblichen Väter erstaunlich gering: „Bei den Familienmitgliedern sind Väter am wenigsten an sexuellem Mißbrauch beteiligt: etwa zu 2%.“
Andere Studien belegen: jedes sechste Mädchen, das einen Stiefvater hatte, wurde von diesem vor ihrem 14. Lebensjahr sexuell mißbraucht, hingegen erfuhr „nur“ jedes fünfzigste Mädchen sexuelle Übergriffe vom leiblichen Vater.
Bei den vor allem im linken Lager vielgepriesenen Patchwork-Familien sieht es punkto Mißbrauch zappenduster aussieht. So wurden 32 Prozent der Kinder in England und Wales, die bei mindestens einem Stiefelternteil aufwuchsen, Opfer einer Misshandlung – und in Finnland gaben 1996 fast vier Prozent der befragten fünfzehnjährigen Mädchen an, vom Stiefvater missbraucht worden zu sein, während 0,2 Prozent ihren leiblichen Vater beschuldigten.
Ein mehr als peinliches Ergebnis für alle jene, die sich einbilden, auf der Höhe der Zeit zu sein, wenn sie „alternative Familienformen“ verherrlichen, heutzutage gern als „Patchwork“ bezeichnet: klingt es doch so locker und kreativ wie ein bunter Flickenteppich – im Unterschied zur normalen bzw „traditionellen“ Familie mit ihrem angeblich „festgefahrenen Rollenbild“ und fehlenden „Flexibilität“ etc.
„Scheidung macht Kinder zu Opfern und Spielbällen der Eltern", schreibt schreibt der Neurologe und Psychiater Dr. Bertrand Flöttmann in seinem Buch „Steuerrecht des Lebens“. "Die Augenwischer verharmlosen das Unglück von Beziehungsabbrüchen. Sie wollen nicht wahrhaben, daß eine zerbrochene Familie keine Familie mehr ist. Scheiden tut weh. Eine verwöhnende Erziehung, Vernachlässigung und die schmerzhafte Trennung der Eltern führen zu psychischen Störungen beim Kind. Hierzu gehören erhöhte Aggressivität, neurotische Fehlhaltungen und verringerte soziale Kompetenz.“ Und: "Scheidung führt oft dazu, daß ein fremder Mann in die zerbrochene Familie tritt. Das Risiko des Kindes, einen sexuellen Mißbrauch durch den Stiefvater zu erleiden, steigt um das Sechs- bis Siebenfache im Vergleich zum leiblichen Vater.“
Wäre es nicht gerade jetzt – angesichts der aktuellen Mißbrauchsdebatte – hoch an der Zeit, über diese eindeutig belegten Zusammenhänge nachzudenken und die Patchwork-Familie endlich kritisch zu hinterfragen? Stattdessen wird ausgerechnet die katholische Kirche attackiert, als sei sie eine „Hochburg des Mißbrauchs“. Dabei ist es gerade die kath. Kirche, die – ganz im Widerspruch zum Zeitgeist – an der Unauflöslichkeit der Ehe festhält und die Wiederverheiratung von Geschiedenen ablehnt.
Als weitaus ehrlicher im Vergleich zur üblichen linken Szene erweist sich auch hier Deutschlands bekannteste Feministin Alice Schwarzer – und das bereits vor 8 Jahren! In ihrer Zeitschrift „Emma“ Nr.10 / 1992 schrieb sie in ihrem Editorial erstaunlichen Klartext und räumte offen ein, daß Fakten und Hintergründe in Sachen Patchwork sie zum „Umdenken gezwungen“ haben, auch hinsichtlich des vielgerühmten „neuen Vaters“ und der „freien Beziehungen“:
„Heute heiraten immer weniger Paare – und die Mehrheit aller Kinder muss damit rechnen, über weite Teile ihrer Kindheit mit mindestens einem nicht-biologischen, also einem sozialen Elternteil aufzuwachsen; seltener nach Adoption und meist nach Scheidung oder Trennung.“
Aus ist es mit dem Traum von den Vorzügen „alternativer Familienformen“, denn der Traum wurde zum Alptraum. Eins der „Lehrstücke“, die Alice Schwarzer – eigenen Angaben zufolge – umdenken ließen, war die allzu wahre „Parabel vom großen Regisseur mit dem kleinen Mädchen“, genauer: die Story vom „sozialen“ Vater Woody Allen, der eine sexuelle Beziehung zu seiner Adoptivtochter Soon Yi einging, was erst nach vielen Jahren bekannt wurde.
Alice Schwarzer ist schlicht entsetzt: „Allen sieht überhaupt kein moralisches Problem – und Soon Yi zeigt sich an seiner Seite triumphierend der Presse. Da ist kein Zögern, kein Wort des Bedauerns, kein Mitleid und auch keine Scham. Wie skrupellos ist der 56-jährige Allen? Und wie kaputt ist die 20-jährige Soon Yi?“
Am Schluß stellt Alice Schwarzer klar die Frage: „Müssen Mütter aus dem Fall Allen den Schluss ziehen, dass soziale Väter gefährlich sind? In der Tat zeigen neue Statistiken: der sexuelle Missbrauch kommt in Pflege-familien noch häufiger vor als in “Bluts”-Familien. Sicher, auch biologische und verheiratete Väter vergreifen sich an ihren Kindern, aber sie tun es wenigstens nicht triumphierend und im Licht der Öffentlichkeit.“
Wenn jemand etwas dazulernt, ist das immer gut – wenn er dies sogar öffentlich zugibt, noch besser. Danke, Alice Schwarzer!
(Nachweise, Quellen und Links auf Anfrage)
Dienstag, 27. Juli 2010
Am Nachmittag Aufhellungen...
UBS: unsere liebste pöhse pöhse Bank ist auf Erfolgskurs und hat ihre Schulden zurückbezahlt! Bund und Nationalbank haben kräftig profitiert. Viel Lärm um nichts?
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Max hat heute etwas zur Tragödie in Duisburg.
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Wenn man eine Lüge nur oft genug wiederholt, glaubt sie vielleicht allmählich jemand...nach diesem Prinzip verfährt die Tagesanzeiger/Newsnetz-Journalistin Olivia Kühni. In ihrem Schmierenstück über die Autorin Eva Herman rollt sie die alte Geschichte nochenmal auf und käut Falschheiten wieder, die mittlerweile gerichtlich widerlegt sind: Die Herman hat nachweislich nie die Familienpolitik der Nazis gelobt noch hatte ihr Rauswurf bei Kerners Talkshow etwas mit ihren Aussagen zu tun (er war geplant und inszeniert)!
Lesen Sie im Beitrag auch die Kommentare: auffallend viele Leser sind mit Eva Herman einig.
Freitag, 23. Juli 2010
Grüezi im Kanton Württemberg - und ein Buchtipp
So unschlecht, dass viele in den Nachbarländern entweder hierherziehen oder sich vom sozialistischen Joch ihrer Zentralregierungen und dem bürokratischen Monster EU zu befreien vorstellen können, indem sie sich der Schweiz anschliessen. Jetzt hat bekanntlich ein Schweizer Politiker eine Idee lanciert, wie das Erolgsmodell ausgeweitet könnte (Verteilung und Mehrung des Reichtums und der Demokratie).
Welchen üerraschenden Widerhall das in der deutschen Presse auslöste ist in der "Welt" nachzulesen.
(p.s.: vor allem die Kommentare empfehle ich wärmstens zur Lektüre, man lernt dabei mehr als wenn man den manipulativen Stimmungsmacher-Kritzeleien der linksradikalen Auslandskorrespondenten im Tagi oder am Schweizer Fernsehen liest/anhört. )
Können Sie sich einen Cantone d'Aosta vorstellen? Le Canton d'Alsace oder einen Kanton Schwarzwald? Und wollen wir das überhaupt? Wie sieht die Zukunft eines "Europas der Regionen" aus?
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Soeben am Radio aufgeschnappt: die moderne Frau im Stress zwischen im Beruf erfolgreich sein müssen und eine glückliche Familie aufziehen müssen. Was vor einem halben Jahrhundert in vielen Fällen selbstverständlich war - die modernen, emanzipierten, gleichberechtigten Frauen mit Nehmer-Qualitäten überfordert es zusehends!
"Gleich, Schätzchen" Erzählungen von der britischen Autorin Jane Simpson, 239 S., aus dem Englischen von Thomas Bodmer, KEIN & ABER Verlag
Donnerstag, 22. Juli 2010
Orlando's Iced "Vichissoise"
Für (mind.) 4 Portionen nehme man:
800 g mehligkochende Kartoffeln
3-4 grosse Stangen Lauch (nur das weisse)
2-3 Liter Hühnerbrühe*
1 Bund glatte Petersilie
3-4 dl Saucen- oder Kaffeerahm (beachte: Vollrahm ist zu fett; und ja nichts Saures, also kein Quark oder Crème fraiche aus der Migros!)
Olivenöl
2 Zitronen
Kartoffeln schälen und klein würfeln. Gut abwaschen (es sollte möglichst wenig Stärke mitgehen). Vom Lauch nur das Weisse nehmen und fein schneiden. Lauch kurz in etwas Butter in einem grossen Topf anziehen lassen, Kartoffeln dazugeben – bitte keine Zwiebeln zugeben (obwohl viele Rezepte dies vorsehen). Kalte Hühnerbrühe dazugiessen, bis Gemüse bedeckt ist. Unter dem Deckel leise köcheln lassen, ca. 20 Minuten. Zwischendurch Brühe nachschütten, falls nötig (Gemüse sollte immer knapp bedeckt sein). Gut abschmecken.
Suppe etwas erkalten lassen und anschliessend im Mixer stark pürieren. Wichtig: es sollte nicht zuviel Flüssigkeit haben, Die Suppe sollte sämig sein aber flüssiger als ein Porridge. Notfalls Brühe dazugeben.
Zur Suppe den Rahm geben und sanft unterrühren. Wenn noch Flüssigkeit benötigt wird, etwas Milch dazugeben.
Die Suppe kaltstellen. Sie sollte wirklich sehr kalt auf den Tisch kommen. In Tellern anrichten und von Hand Zitronensaft darüberträufeln. Das gleiche mit bestem Olivenöl tun und zum Garnieren kleingehackte Petersilie und Schnittlauch zugeben.
Mit gutem Weissbrot oder Toast und Butter servieren. Begleitet mit Charcuterie (geräuchte Wurst!) und Antipasti, kann die Vichissoise die Hauptrolle in einem einfachen Sommerznacht spielen. Im Winter isst man die genau gleiche Suppe natürlich heiss.
Dazu passt ein gehaltvoller Weisswein. Nichts allzu Sonnenverwöhntes mit üppiger Frucht aber einen Chablis oder einen guten Fendant, warum auch nicht wieder einmal ein Gewürztraminer!
Tipp: Ich servierte sie zur grossen Freude meiner Gäste einmal als Teil eines Kalte-Suppentrios als ersten Gang eines Gourmet-BBQs (mit Gazpacho und kalter Gurken-Dill-Suppe) – mit je einer Zugabe in den kleinen Suppenschüsselchen: einen grossen, in Campari marinierten Shrimp zur Gazpacho, Räucherfisch zur Gurkensuppe und zwei Scheiben grillierter Saucisson Vaudoise zur Vichissoise. Lecker!
Dienstag, 20. Juli 2010
Fürze aus dem Sommerloch und Seine Exzellenz, der Botschafter
Es ist heiss, ausser den sonderbaren Herren mit sonderbaren Hobbys (Kachelmann, Roderer und Polanski) ist nichts los, der Mamablog bietet seinen Fans nichts als "aufgewärmte Suppen" (Cara Mia), die keiner essen will und in Südafrika hat es sich ausgetschuttet.
Nicht einmal der Rücktritt zweier Bundesräte entlockt dem Publikum mehr als ein müdes Gähnen. Ein idealer Zeitpunkt also für die Vierte Macht im Staate ahnlich wie die Mamabloggerinnen ein altes Thema aufzupäppeln, so quasi als Trockenübung, nur um zu sehen, ob die Eidgenossen immer noch so ein störrisch Volk von Eseln sind, für die man es hält in der linksliberalen Presse dieses Landes. Wahrscheinlich hoffte man, während der vergangenen zwei Krisenjahre mit UBS-Debakel, Finanzkrise, Bundesrats-Zoff und Libyen-Krise seien Herr und Frau Schweizer etwas mürbe geworden und ihr Irrglaube an den Sonderfall habe nun endlich, endlich Schrammen abbekommen.
Die Übungsanlage geht wie folgt: irgend ein nützlicher Idiot macht eine Bestandesaufnahme und analysiert scharf, der EU-Beitritt muss wieder aufs Tapet. So wie immer, wenn aus der EU etwas Druck auf die Schweiz ausgeübt wird, werfen sich die Zürcher Journalisten als erstes in die Schlacht und fordern die bedingungslose Kapitulation der Schweiz, "es musste ja so kommen", "wir haben es ja schon immer gesagt", "die Aussichten sind düster". Das beliebteste Argument aber ist: man nachvollziehe ja schon heute, dann könne man ja geradesogut der EU beitreten! Das ist dann, wie wenn ein Arzt dem leicht verschnupften Patienten rät, er solle doch gleich die Lungenentzündung kriegen...wozu eigentlich?
Da kann dieser Geck von EU-Botschafter wiedermal als arroganter Mini-Metternich auftreten und dieser anämische Belgier Rompuy den Frust über den Zerfall seiner Heimat an der kleinen Schweiz auslassen - uns ist es sowas von gleich.
Ahh, ist es nicht schön, in einem Land zu leben, wo die (leider allzu häufig dem lieben Frieden zuliebe schweigende) Mehrheit pragmatisch und nicht ideologisch denkt und handelt?
p.s.: ich bin dem Arsch von EU-Botschafter Reiterer übrigens fast mal an die Gurgel. Vor etwa drei Jahren brachte ich meinen Göttibub zum Haareschneiden zu Coiffeur Gidor an der Bundesgasse in Bern. Der kinderfreundliche Coiffeur hat seine Eingangstüre gleich neben jener der Botschaft der Europäischen Union in Bern. Um zum Coiffeur zu kommen muss man drei Stufen von der Strasse hoch und auf ein Bödeli in einem Eingangsbereich. Der Kleine war damals noch mit Kinderwagen unterwegs, so murkste ich den also da hinauf und stellte ihn in besagtem Eingangsbereich hin, da im Coiffeurgeschäft kein Platz dafür ist.
Als das Kind im Laden ist und der komische Schweizer den Wagen von der Türe gemächlich weggeschoben hat (gemächlicher als er könnte), bedeutet er der Magnifizenz mit einem freundlichen Lächeln, dass der Weg nun frei ist. Des Angelächelten Nüstern heben sich, er schüttelt demonstrativ den Kopf, scheint etwas in sich hineinzumurmeln und macht sich an seinem Schlüsselbund zu schaffen. Er findet den Schlüssel nicht sofort und während er da immer noch klimpert, wird der Botschafter des frechen Kuhschweizers Gewahr, wie dieser süffisant lächelnd ihn immer noch anstarrt. Da wirft der Botschafter dem niedern Bergbauern einen Blick zu, der diesen wohl vor Ehrfurcht in sich zusammensacken lassen sollte, leider ohne Erfolg. Also taxieren seine Hoheit zuerst mit wütend verkniffeen Stirnfalten den Mann, dann den Kinderwagen und dann verächtlich nochmals den Mann.
Da auch dies das nunmehr höhnische Lächeln von den Lippen des Schweizers nicht wegbringt, öffnet der Botschafter endlich energisch die Tür und verschwindet rasch im Inneren des Treppenhauses.
Der primitive Schweizer denkt heute, falls seine Exzellenz auch nur ein Wörtchen gesagt hätte, wäre die Replik inetwa gewesen: "Willkommen in der Schweiz du Arschloch!". Oder irgendetwas noch Dooferes wie: "In der republikanischen Schweiz haben Kinder und Kinderwagen Vortritt vor aufgeblasenen Diplomaten!"
Oder - wenn auch weniger wahrscheinlich - hätte der "Blick" am nächsten Tag titeln können: "Handgemenge - EU-Botschafter Reiterer von Kinderwagen am Kopf getroffen. Täter (39) geständig, er handelte aus patriotischen Motiven".
Sonntag, 18. Juli 2010
Rückkehr zur Verbotsgesellschaft
In der offenen, pluralistischen, lebendigen Stadt, in der ich lebe, in dieser Stadt, wo der Bänker und der Sozialhilfeempfänger, die Putzfrau "mit Migrationshintergrund" und die Versicherungskauffrau im gleichen Tram zur Arbeit fahren und dabei eine gewisse Lockerheit, Eleganz und auch Toleranz an den Tag legen, in dieser grössten Stadt eines kleinen Landes, wo Erfolg möglich ist und auch gefeiert wird, lässt sich gut leben. Hier atmet eine Weltoffenheit, wie man sie in den meisten anderen Städten der Schweiz vermisst!
Der sehr fähige Journalist Jean-Martin Büttner rieb sich - anlässlich seiner Rükkehr an die Limmat nach Jahren in Genf und Bern - in einer Tagesanzeiger-Kolumne (hier leider ohne Link) vor ein paar Tagen verwundert die Augen: die Stadt, die er von seiner Zeit als Jugendunruhiger in den Achtzigern als Hort asozialer Finanzgnome und verstockter Füdlibürger kannte, diese kalte Wirtschaftsstadt hat sich zum lebenswerten, genussvollen und kreativen Wunder gewandelt, das die halbe Schweiz wie ein Magnet anzieht und über die Landesgrenzen hinaus strahlt.
Am Anfang der Neunziger Jahre stand die faktische Aufhebung der Polizeistunde mit einer liberalen Bewilligungspraxis für Beizen, Clubs und Veranstalter jeglicher Art. Der Sektor boomte, Zürich wurde zur Party-Metropole. Der sozialdemokratische Stapi Elmar Ledergerber vermarktete die Stadt geschickt und holte einige Megaevents an die Limmat und dem Kulturzirkus wurde jenen Stellenwert zuteil, den er in einer solchen Stadt innehaben muss.
Aber die griesgrämigen Gnomen sind nicht verschwunden. Sie ziehen sich heute einfach ein linkes Gewändchen an, ihnen ist die ach so kommerzialisierte Gegenwart ein Dorn im Auge. Freude ist des Teufels! Jeder Franken, den jemand an jungen Leuten verdient, die sich doch einfach nur amüsieren wollen, wird mit Argwohn betrachtet, das sündige Treiben veursacht nur Probleme und wer daran noch verdient, ist gewiss ein besonders niederträchiger Geselle - die genüssliche öffentliche Hinrichtung des Carl Hirschmann (Jude und Sohn neureicher Eltern) war ein Lehrstück, wie dieser alte neue Konservatismus funktioniert.
Ja, es gab bei Messerstechereien Verletzte, es gab Schlägereien im ehemaligen Industriequartier hinter den sieben Gleisen, in dem sich Club an Club reiht. Es gab eines Samstagnachts unlängst sogar einen nach einer Messerstecherei unter Jugendlichen tödlich Verletzten.
Aber im Grossen und Ganzen ist Zürich eine sehr sichere Stadt mit viel Lebensqualität und dies dank des kulturellen und des Freizeitangebots, weswegen sie auch in internationalen Rankings immer wieder in den ersten Rängen landet.
Das interessiert die Gnomen beim Tagesanzeiger natürlich nicht. Lieber bauschen sie rechtzeitig zum Sommerloch die Probleme auf und fordern wieder mehr Ordnung und Ruhe. Und als nützlichen Idioten treibt der Tagesanzeiger den Strafrechtsprofessor Martin Killias auf, der die "Wiedereinführung der Polizeistunde empfiehlt.
Weil in der S-Bahn die Leute zuviel Abfall in den Ghüderkübel werfen, montiert man diese
kurzerhand ab. Wenn drei Tage lang das grösste Volksfest des Landes mit zwei Millionen Besuchern tobt, dann bringt es der Tagi fertig, danach drei Tage lang über die Abfallmengen zu jammern, die beim letzten Züri-Fäscht vor drei Jahren leicht geringer ausgefallen waren.
Überhaupt scheinen beim Wort "Abfall" zwinglianische Urängste bei einigen Zürchern aufzubrechen. Leben produziert Abfall, und intensiv leben noch viel mehr - get over it!
Und von links bis rechts stürzen sich die Biedermänner und -frauen auf einen Wirt, der auf dem Hausberg ein paar Quadratmeter halt gegen das restriktive Baureglement überbaut, damit die Touristen und Familienausflügler dort oben auch eine Portion Pommes Frites oder eine Bratwurst essen können und nicht im teuren Restaurant mit weissen Tischtüchern viel Geld ausgeben müssen. Grüne Konservative, die am Zürichberg Eigentum haben, treten auf den Plan, um auf dem Üetliberg ein drohendes "Disneyland" zu verhindern.
Beim "Bottelon" vor zwei Jahren waren die linken Lustfeinde und bürgerlichen Kontrollfreaks wochenlang im publizistischen Ausnahmezustand wegen ein paar Tausend Jugendlichen, die sich zum sinnlosen Saufen verabredeten. Die oberste Polizistin der Stadt nannte die Teilnehmer damals sogar "krank im Hirn".
Und weil Zürich mittlerweile die Partystadt der ganzen Deutschschweiz ist, zieht das halt Jugendliche an, die lieber ein Bisschen am "HB" rumhängen und Bier aus Blechdosen konsumieren (statt dafür ein kleines Vermögen auszugeben in einem der Clubs).
Was mich stört, ist weniger die Haltung, Missstände - die es zweifellos gibt - zu bekämpfen. Mich stört, dass man vor lauter Gutmenschheit nicht mehr klare Regeln im Alltag aufstellt und nötigenfalls konsequent durchsetzt - ja auch mit Polizeigewalt - sondern gleich damit droht, das ganze liberale Konzept aufzuheben, weil sich einige daneben benehmen. Die grosse Mehrheit soll wegen der Wenigen auf ihre Freiheit vezichten.
Auf der anderen Seite werden der Polizei seit Jahren die Hände gefesselt. Stattdessen schickt man ein lächerliches Gschpürschmi-Trüppchen los, das am Samstagabend den Jugendlichen gut zuredet und ihnen sagt, sie sollen doch bittesehr die Bierbüchsli in den Abfallkübel werfen.
Am besten fand ich vor Jahren den Anschlag in meiner Uni-Bibliothek: "Die Bibliotheksbenutzer werden aufgefordert, draussen zu rauchen. Wenn bis zum 31. des Monats noch drinnen geraucht werden sollte, wird seitens der Bibliotheksleitung ein Rauchverbot für das ganze Gebäude erlassen!"
Wir verbieten mal und wenn das nicht zieht, machen wir ein Verbot. Alles klar?