Cocktails, gebrannte Wasser, Zigarrendunst -- die Gespräche an Orlandos Bar drehen sich um Medienkritik, Kultur, Philosophie, um Gesellschaftspolitik, Religion, Familie und Erziehung, um Mann und Frau -- und ums Kochen. Gejammer, Gelächter, Angeberei sowie gepflegte Beschimpfungen sind an der Tagesordnung.



Sonntag, 11. Juli 2010

Das Skandinavien-Syndrom

Nach zwei, drei Tagen im Reich der strammen Emma-Emanzen, unbedarften Gender-QuasslerInnen und linken Spinner habe ich Preise zu vergeben:

Orlando's Preis für die doofste Bloggerin des Tages geht an...Frau "Widerspenstige": Sie schafft es immer wieder auf peinlich-schusselige Weise, die Abfolge Lesen/Verstehen - Nachdenken - Mitschreiben durcheinander zu bringen, wobei sie den zweiten Schritt meist ganz weglässt und ihre Mitblogger dafür am reichen Fundus ihres Halbwissens teilhaben lässt, das freiassoziativ aus ihr herauspurzelt. Hier ein Beispiel, das auch grad das Thema meines heutigen Posts einführt:

Blogger Andy argumentiert: "Der Mensch ist egoistisch veranlagt, muss gefordert und belohnt werden, sonst strengt er sich nicht an. Das Resultat dieses Systems (des Kommunismus) ist, dass der Lebenstandard sinkt und es allen schlechter geht (auch dem Nachwuchs)."

Darauf antwortet "Widerspenstige": "Das sehe ich ein wenig anders, denn zu Egoismus verleitet der Kapitalismus und nicht der Sozialismus – das ist ein Widerspruch in sich. Sehen Sie den Unterschied? Es kann sehr schön in Ländern gesehen werden, wo die Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau gelebt wird. Oder wie können Sie sich erklären, dass ausgerechnet in Sozialistischen Ländern wie Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland etc. die Menschen glücklicher mit ihrem Leben sind?"
Und weiter erklärt uns "Widerspenstige" das "Erfolgs-Modell Schweden. "Die kennen keine Wirtschaftskrise und das duale Steuersystem macht glückliche Menschen – ob Väter, Mütter, Kinder oder Kinderfreie – alle profitieren vom fürsorglichen Sozialstaat (nein, kein Kommunismus und nicht nur das Öl ist Schuld daran!)."

Alles klar? Gückliche "Kinderfreie" im Zuckerwatten-Land, wo die Gleichwertigkeit zwischen den Geschlechtern gelebt wird? Also ist gar nichts faul im "sozialistischen" Staate Dänemark? Alles besser im Ikea-Sozialwunderland?

Im Gegensatz zu uns rückständigen Schweizern, die hier im Raubtierkapitalismus schmoren, scheinen die blonden, hochgewachsenen Skandinavier tatsächlich mit Überzeugung ihre Gravad Lax-Smörebröds am Fjord in der Mitternachtssonne zu geniessen (im Radio läuft natürlich A.B.B.A.) und die Segnungen des umsorgenden Sozialstaates hochzuhalten. Das sei ihnen gegönnt. Jedem das Seine.

Aber trifft es zu, dass die skandinavischen Länder so viel "fortschrittlicher" und "ein Vorbild" sind, wie es schweizer Sozitanten und linke Täumer immer wieder behaupten? Und fordern, wir sollten ein Bisschen mehr wie die Skandinavier werden.

1. Sind die Skandinavier glücklicher als die Schweizer? Die Dänen sind gemäss Untersuchungen tatsächlich die glücklichsten Menschen der Erde, stimmt. Und wer folgt gemäss den genau gleichen Untersuchungen auf dem zweiten Platz? die sozial kalte Schweiz - bingooo! Schweden folgt weit abgeschlagen auf dem siebten, Norwegen auf dem 19. Platz...und das trotz zwei Jahre voll vom Staat bezahltem Mutterschaftsurlaub! Das vielgelobte Frankreich - das fast gleichviel für Soziales ausgibt pro Kopf wie Schweden - landet auf dem schäbigen 62. Platz, weit hinter den USA auf dem 35. Rang (die ja gar nichts fürs Soziale ausgeben, nicht wahr!).

Merke für später: die Höhe der Sozialausgaben eines Landes hat nichts mit dem Glücksbefinden seiner Bürger zu tun.

2. Wenn das "Skandinavische Modell" dem Rest der Welt tatsächlich so überlegen wäre, müsste sich dies doch eigentlich auch in den gesellschaftlichen Realitäten niederschlagen, nicht? Ein perfektes Sozialwesen müsste logischerweise auch eine perfekte(re) Gesellschaft generieren, oder?
Auch hier: Fehlanzeige! Das Land ist bestenfalls Durchschnitt, wie mein kleiner Streifzug im Netz zeigt. Weder angesichts von Kriminalitätsraten, Wirtschaftsdaten (siehe Abb.), schlechter Moral, Sexualstraftaten, tiefen Heirats- und extrem hohen Scheidungsraten (64%!), Alkoholismus, Drogenproblemen, eines miesen Gesundheitswesens (beispielsweise ein Mammograf auf 200'000 Einwohner...) noch Fremdenfeindlichkeit könnte irgendein Lob für Schweden gesungen werden.




Merke: Mehr und höhere Sozialausgaben führen keineswegs zur Beseitigung oder Minderung gesellschaftlicher Missstände.

Die Schweden haben sich - wie die anderen nordischen Länder Dänemark, Norwegen, Island und bedingt auch Finnland - in drei Generationen das in der westlichen Welt grösste Bürokratenmonster geschaffen, das ihr Leben durchorganisiert und kontrolliert. Drei Generationen - genug Zeit dieses Modell als das beste der Welt in den Köpfen der Schulkinder zu implementieren, die im Alter von 12 Monaten bis 14 Jahre Vollzeit vom Staat betreut werden. Für diesen Rudumservice liefern die praktisch gläsernen Bürger mehr als die Hälfte ihres Einkommens (in Schweden 51%) als Steuern ab, wie eine All-Inclusive-Hoteltaxe.

Fazit: Sozialpolitik à la "Modell Schweden" macht nicht glücklicher, die Sozialwunderländer Skandinaviens stehen keineswegs irgend besser oder schlechter als im Mittelfeld da und die nordischen Länder haben exakt genau die gleichen gesellschaftlichen Probleme, wie wir hier auch! Und es ist ja klar, dass mehr Sozialstaat zu sinkendem GDP führt und eine ganz und gar ungesunde Haltung heranzüchtet: wie bekomm ich mit möglichst wenig Aufwand eine Staatsrente ("Rent-Seeking"). Darunter leiden dann Unternehmergeist, Innovation und Standortattraktivität.

Fairerweise sei noch darauf hingewiesen - wie der Tagesanzeiger sehnsüchtig in einer Lobeshymne schwärmt - dass die Schwedens Wirtschaft momentan gar nicht so übel dasteht. Und zwar genau, weil die Politiker auf Wachstum setzen und die Unternehmen weder melken noch ihnen Fesseln und Auflagen auferlegen - was die linken Idioten auch im Mamablog laufend fordern.

Der zweite Preis, der Preis für den träfsten Kommentar, geht übrigens an Blogger Giorgio Girardet, der die jungste Diskussion auf Mamablog sehr treffend zusammengefasst hat:

"Es handelt sich um einige IKEA-Denkstücke, die in den 70er, frühen 80er Jahren zusammenmontiert wurden und jetzt hin und her geschoben werden im Kopf von Pippi Langstrumpf. Kommt nun “Björk” neben “Billi” oder "Lars" unter "Smökö"?
Kommt "Rückenfreihalten” vor “Karriereleiter erklimmen” und hindert da die “gläserne Decke” oder muss man als Mann “seine weiblichen Seiten entdecken” oder ist mann als “Sitzpinkler” auch ein “Schlappschwanz” oder steigert die Klobürste in der Hand des Mannes den Sexappeal? Ein Wust von Diskurspatterns, und immer ein männlicher Imbusschlüssel der nicht in die weiblichen Schraubenköpfe passt, weil diese einen Kreuzschraubenzieher bräuchten.

In der Muppets-Show gab es den Koch Smörebröd: Heute kochen wir einen interesannten Diskussionsabend mit Gender und Emanzipations-Sosse. Smörebröd, Smörebröd rümpümpöö - wir nehmen eine EMMA und rösten sie mit Alice ganz Schwarzer auf kleiner Flamme, dann noch einen Schuss abgetriebenen Fötensaft (Mein Bauch gehört mir!), geben noch ein bisschen antipatriarchale Hexenromantik bei. Das ganze in Latzhosen aufkochen und mit verbrannten BHs abschmecken und mit ein bisschen “Sex and the City” unterschäumen und ein Hauch “Desperate Houswifes” drüber sprühen."

Wir haben sehr gelacht! Preise sind nur in Form von Alkoholika an Orlando's Bar einlösbar. Es sind schliesslich keine Nobelpreise!

11 Kommentare:

  1. Man könnte die Raten für chronische Alkoholiker, Selbstmorde und Morde aus den Gesundheitsstatistiken nehmen und hätte ein gutes Augenmass dafür, wie glücklich die Menschen in den jeweiligen Ländern sind.

    Giorgio Girardets Kommentar brachte mich zum Lachen.

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  2. Ich glaube eher, diese Glücks-Umfragen werden ganz primitiv per Telefon gemacht mit drei, vier Fragen.
    Also, die meisten Schweden die ich kenne - es sind nicht so viele, aber allesmt liebe Kerle und -innen - sind eher zurückhaltende Leute, eher langweilig, bis mal der Alkohol fliesst, dann kann man gut partying machen mit denen.

    Bemerkenswert finde ich, dass sie aus dem gleicen Fürsorgegeanken heraus, eine sehr strenge Drogenpolitik verfolgen: zero Tolerance! Das ist sehr Lutheranisch. Dem ist ja geschuldet, dass sie so exorbitante Steuern auf alkoholische Getränke erheben.
    Andererseits ist genau dies wiederum aus dem Umstand zu verstehen, dass sie dort extrem Alkoholprobleme hatten früher (oder immer noch). Es gibt Völker, wo Trink-Tradition und Suchtanfälligkeit eine unschöne Allianz eingehen.

    Ich darf nichts sagen: in mir fliesst unter anderem ein Achtel irisches Blut...;-)

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  3. @Max: übrigens, Ihr Wordpress-Blog gefällt mir sehr. Ich freue mich auch, wenn darauf eines Tages wieder Aktivitäten laufen.

    Tja, also gehen wir in die Verlängerung - im heutigen WM-Final, aber auch mit Orlando's Bar.

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  4. Danke für den interessanten Artikel, toll recherchiert, merci. An der Diskussion kann ich nicht teilhaben, zum Thema, Schweden, habe ich keinen Zugang. Aber zum Smörebröd schon, ich musste sooo lachen. Der Wiedererkennungswert ist enorm, genau so habe ich gekocht, mit 20, allerdings gewürzt und verfeinert mit Miami Vice und Alf. Sollten diese Darstellung der heutigen entsprechen, mehrheitlich und nicht dem Wunschdenken von ein paar „Ueberall ist es besser als hier“-Protagonisten/–innen entsprungen, das sind wir tatsächlich seit 30 Jahren nicht weitergekommen, das kann nicht sein, oder. Uebrigens was fehlt ist das lila Halstuch, vorzugsweise eine Baumwollwindel, selbst gefärbt. Mindestens das hat geändert, lila ist salonfähig.

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  5. hmm, vielleicht haben sie Recht, Frau Melusine. Mein Artikel lädt überhaupt nicht zum Diskutieren ein. Es ist mehr so ein Statement. Ich müsste einfache, klare und spannende Fragen einbauen am Ende, damit man sich äussern will.

    Was man alles lernt beim selber Bloggen, wahnsinn!

    p.s.: habe auch keinen Zugang zu Schweden, war dort selber noch nie...

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  6. Habe auch keine Ahnung von Schweden. Finnland hat eine sehr hohe Rate von Alkoholkranken und Suiziden. Anscheinend kommt das davon, dass die im Winter u dunkel haben und depressiv werden davon. Auch werden in Finnland die Löhne wöchentlich ausbezahlt, damit man nicht schon am Monatsanfang den ganzen Lohn versaufen kann. Schon schlimm.

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  7. Ist das gewollt, dass man beim neuen Blog von max nicht mehr rein kommt?

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  8. @Laura: Maxblog pausiert. Ich dachte er habe einige Lieblinbgsposts hineingestellt zum Kommentieren...?

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  9. Nun, wenn ich versuche den Blog zu öffnen, kommt, das ich nicht eingeladen wurde zum Lesen :-(

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  10. @Laura
    Bei "Ein max, ein Wort" bin ich die Technik am Revidieren. Es gibt ein Problem mit dem Import aus dem Blogspot Blog. Darum musste ich heute Abend das Publikum hinausperren.

    Der maxwort.wordpress.com ist jetzt wieder öffenlich.

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  11. Ok, vielen Dank, ich habe schon gedacht, ich mach da was falsch.

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